Thüringen total – 7 Etappen durch Deutschlands grünes Herz

Martin Donat ist wieder auf Reisen - mit dem Fahrrad wie es sich gehört 😉 - und das in Thüringen, das er dank eines Events kennengelernt hat und sich dachte dass man aus einem Ultra-Distance Rennen auch eine Bikepacking Tour machen kann.

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Thüringen – das Land der Schlösser, Burgen und historischen Altstädte samt all ihrer Mythen und Geschichten. Das Land der Bratwurst (okay, die ist nicht so mein Ding) und der Klöße und das Land des Glas und des Porzellans. Ein Land mitten in Deutschland – voller Kultur und wunderschöner Natur. Thüringen ist so vielseitig – und genau darum ist Thüringen auch das Land des Rennrads! Womit könnte man besser all die schönen Flecke entdecken, als mit dem Fahrrad?

So habe ich mir das jedenfalls gedacht, als ich mich 2018 zum kleinen Event „Thüringen Erfahren“ anmeldete. Der Plan lautete: Eine 500 Kilometer Runde durch Thüringen – am Stück! Okay, das war ambitioniert, aber machbar. Dummerweise hatte ich nur irgendwie ein schlechtes Wochenende erwischt. Mein Körper wollte nicht so recht und so kam es, dass ich unterwegs aufgeben musste. Allerdings fand ich die Route (oder zumindest den Teil, den ich geschafft hatte) so schön, dass ich mir diese Collection hier überlegt habe. Thüringen erfahren, das geht schließlich auch in mehreren Etappen! In sieben Etappen geht es also durch den Südosten von Thüringen. Geprägt von der Saale mit ihren beeindruckenden Talsperren, beschaulichen Ortschaften, schattigen Waldhängen und sonnendurchfluteten Weingärten erlebst du Thüringen (und auf ein paar kleinen Abstechern auch Teile von Sachsen-Anhalt und Sachsen) so facettenreich, wie auf keinem anderen Verkehrsmittel.

Als Ausgangspunkt dieser Thüringenrundfahrt dient, wie bei „Thüringen erfahren“, die Unistadt Jena. Das Coole dabei ist, dass du von jedem Etappenziel aus ganz einfach mit dem Zug zurück nach Jena fahren kannst. Trotz der großen Distanz hast du also immer einen Plan B in der Rückhand, falls du mal nicht mehr kannst oder das Wetter umschlägt. Außerdem eröffnet dir das die Möglichkeit, die Etappen einzeln zu fahren oder dir dein eigenes Abenteuer zu „bauen“, das vielleicht auch nur zwei oder drei Tage dauert. Oder du versucht es mal wie ich, und nimmst dir vor, die Runde am Stück zu fahren. Wenn du nicht mehr kannst, bringt dich die Bahn zurück – genau so hatte ich es auch gemacht.

Wenn du dir Zeit nehmen möchtest, taugt meine Aufteilung der Strecke auch für einen entspannten Radurlaub. In jedem Etappenort findest du in der Regel eine große Auswahl an Hotels und Pensionen sowie Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants und kulturelle Highlights, sodass deine Entdeckungsreise auch nach der Radtour weitergehen kann. Die einzelnen Touren sind relativ kurz gehalten, sodass du sie auch schaffst, wenn du nicht so trainiert bist. Wenn du dich hingegen ein bisschen mehr fordern möchtest, kannst du die ein oder andere Etappe einfach zusammenlegen. Bedenke aber, dass Thüringen ziemlich hügelig ist. Es geht ständig auf und ab und darum schadet es nicht, es ein bisschen ruhiger angehen zu lassen. Was du auch draus machst, ich wünsche dir viel Freude bei deiner Entdeckungsreise durchs wunderschöne Thüringen!

  • Etappe 1: An Saale und Unstrut nach Naumburg – Thüringen total (113 km | 04:55 | 830 m) Die erste Etappe der Thüringenfahrt steht ganz im Zeichen von Saale und Unstrut und den schönen Radwegen, die entlang dieser Flüsse verlaufen und auch mit dem Rennrad bestens befahrbar sind. Los geht es in der Universitätsstadt Jena, deren typische Hochhaus-Skyline du vielleicht schonmal von weitem betrachtet hast. Heute lernst du die Stadt und ihre durchaus schönen Seiten ganz persönlich und auf dem Rad kennen. Vom Zentrum führt dich die Route entlang der Saale raus ins Grüne. Dabei streifst du nach rund acht Kilometern einen idyllisch gelegenen Campingplatz, der dir als alternative Unterkunft zu Hotels oder Gasthäusern in der Stadt dienen kann. Ab hier wird es richtig schön ruhig. Du folgst schmalen Landstraßen, auf denen dir nur selten ein Auto begegnet, und durchfährst kleine, verschlafene Nester, in denen die Zeit stillzustehen scheint. Bis du Apolda erreichst, wo dich die pompösen Anlagen der Bundesgartenschau aus dem Jahr 2017 in Empfang nehmen. Doch sofort danach wird es wieder ländlich und still. Noch ein längerer Anstieg samt dazugehöriger Abfahrt, dann ändert diese Etappe ihren Charakter bis zum Ziel in Naumburg. Denn nun beginnt der Unstrut-Radweg, der sich entlang des Flusses durch sein Tal schlängelt. Hier kannst du fernab vom Autoverkehr den Blick auf den Fluss und die umliegenden Weinberge in aller Ruhe genießen. Wenn du eine Pause machen möchtest, ist hier ein gutes Pflaster dafür. Denn entlang der Strecke findest du viele Cafés und Weinstuben, in denen du gemütlich einkehren kannst. Ziel der Tour ist der Felsenkeller direkt an der Saale. Hier kannst du dich im rustikalen Biergarten stärken und danach in einem der Ferienappartments übernachten. Eines steht fest: Eine schönere Aussicht auf die Saale wirst du nirgendwo anders finden. Wenn du etwas zentraler übernachten möchtest, brauchst du nur wenige Minuten weiter fahren, dann befindest du dich mitten im Zentrum von Naumburg. Tipp: Falls du diese Tour einzeln fahren möchtest, bringen dich von Naumburg aus die Regionalbahnen SE 15 beziehungsweise RB 20 in etwas mehr als einer halben Stunde zurück nach Jena.

  • Etappe 2: Von Naumburg nach Gera – Thüringen total (72,3 km | 03:13 | 610 m) Heute startet die Route in Sachsen-Anhalt und führt dich erst gegen Ende der Etappe zurück auf thüringischen Boden. Die Etappe ist geprägt von zwei langen Abschnitten auf wunderschönen Radwegen (teils ehemaligen Bahntrassen) und verläuft somit über weite Strecken völlig verkehrsfrei. Los geht es direkt an der Saale – wenn auch nur für ein paar Hundert Meter. Dann knickt die Route nach Süden ab und bringt dich über den Mühlenradweg durchs malerische Tal der Wethau. Über ruhige Radwege und kleine Straßen kommst du ins beschauliche Dorf Seidewitz, wo sich der Einstieg auf den Zuckerbahnradweg befindet. Wo früher Züge mit Kohle und Zucker herrasselten, kannst du heute die schöne Landschaft im Grenzbereich von Thüringen und Sachsen-Anhalt völlig autofrei genießen. Der einzige Preis, den du dafür zahlen musst, sind gelegentliche Stopps an dem ein oder anderen Poller, die hier und da für sicheres Überqueren einiger Straßen sorgen. In Zeitz hast du bereits mehr als die Hälfte der heutigen Tour geschafft und dir eine kurze oder auch längere Pause absolut verdient. Zeitz ist dafür bestens geeignet. Ob nur ein schneller Kaffee in der gepflegten Innenstadt oder eine längere Pause mit touristischem Programm – hier wird es dir bestimmt nicht langweilig. Nach der Pause hast du einen neuen Wegbegleiter: Ab jetzt folgt die Route der Weißen Elster, einem Nebenfluss der Saale, der dich direkt zum Etappenziel nach Gera bringt. Hier hast du keine Probleme, eine passende Unterkunft zu finden oder deine Tour zu beenden und mit der Bahn zurück nach Jena zu kommen.

  • Etappe 3: Von Gera nach Netzschkau – Thüringen total (71,8 km | 03:35 | 760 m) Von Gera aus macht die Route heute einen Abstecher nach Sachsen und bringt dich wunderbar ruhig durch malerische Dörfer und idyllische Täler ins beschauliche Netzschkau. Nachdem du Gera hinter dir gelassen hast, knickt der Track direkt auf einen ruhigen Radweg ab, der dich nach Ronneburg bringt. Bemerkenswert ist, dass es hier vor Jahren noch völlig anders ausgesehen hat, denn der Radweg führt dich vorbei an einem ehemaligen Uran-Abbau. Im Zuge der Rekultivierung und der Bundesgartenschau 2007 erwartet dich hier kein unwirtliches Endzeit-Szenario, sondern eine wirklich schöne Landschaft, durch die es sich hervorragend radfahren lässt. So setzt sich die Fahrt fort. Im lockeren Auf und Ab passierst du kleine Orte, folgst immer wieder frisch vor sich hin plätschernden kleinen Flüssen und genießt die herrliche Aussicht auf die Koberbach-Talsperre, in der du dich bei gutem Wetter auch kurz abkühlen kannst. Gegen Ende der Etappe erwartet dich noch ein echtes Highlight: Die Göltzschtalbrücke ist die größte Ziegelsteinbrücke der Welt und sie ist umso beeindruckender, wenn du mit deinem Rad unter ihr hindurch fährst, bevor du das Etappenziel im gemütlichen Netzschkau erreichst.

  • Etappe 4: Von Netzschkau zum Zeulenrodaer Meer – Thüringen total (57,8 km | 02:47 | 750 m) Die kurze Etappe von Netzschkau nach Zeulenroda steht ganz im Zeichen des Wassers. Zunächst umrundest du die Pöhl-Talsperre, bevor du dann das Zeulenrodaer Meer ansteuerst. Heute ist der Weg das Ziel. Unterwegs warten weder besondere Sehenswürdigkeiten noch größere Städte auf dich. Dafür viel Wasser, viel Natur und die wunderbare Ruhe in der Mitte von Deutschland. Im Etappenziel Zeulenroda bleibt also genug Zeit, um die schöne Landschaft und vor allem die beiden Talsperren, die gemeinsam das „Zeulenrodaer Meer“ bilden, zu genießen. Zum Abendessen passt dazu ein leckeres Karpfengericht – die Zeulenrodaer sind wohl bekannt dafür, Kenner auf dem Gebiet der Karpfenzucht zu sein. Trotz der ruhigen Lage ist es von Zeulenroda aus kein Problem, per Bahn zurück nach Jena zu fahren. Der Bahnhof liegt allerdings etwas außerhalb und hört auf den Namen „Zeulenroda unterer Bahnhof (unt Bf)“.

  • Etappe 5: Vom Zeulenrodaer Meer zum Hohenwarte-Stausee – Thüringen total (93,0 km | 04:35 | 1 170 m) Auch die heutige Etappe hält ein paar feuchte Highlights für dich parat. Es geht direkt gut los, wenn du die Talsperre Zeulenroda überquerst und einen tollen Blick auf den großen Stausee genießen kannst. Der ist übrigens umso schöner, je eher du dich auf den Weg machst, denn dann genießt du hier das zauberhafte Licht der aufgehenden Sonne. Das zweite „Wasserhighlight“ lässt keine 30 Kilometer auf sich warten: Die Plothener Teiche sind wunderschön und haben eine interessante Entstehungsgeschichte. Ursprünglich wurden die vielen Teiche nämlich angelegt, um den hohen Fischbedarf der Mönche während der Fastentage zu decken. Wenn du Lust auf eine kleine Pause hast, in der du mehr über diese Gegend lernen kannst, bietet sich eine Rast im nahegelegenen Pfahlhaus an. Das steht mitten im Hausteich und beherbergt ein Museum. Nach weiteren rund 20 Kilometern kreuzt die Route die Saale, die in diesem Teil von Thüringen maßgeblich das Landschaftbild prägt. Denn hier bilden gleich fünf Talsperren die sogenannte Saalekaskade, die auf einem Abschnitt von 80 Kilometern den Fluss immer wieder aufstaut – früher diente das der Schifffahrt, heute der Energiegewinnung und der Naherholung. Die Tour endet heute ganz idyllisch direkt am Ufer des Hohenwarte-Stausees, dem du zuvor ein Stück über den Saaleradweg gefolgt bist. Hier befindet sich ein Naturhotel mit angeschlossenem Campingplatz, das dir eine herrlich ruhige Nachtruhe bescheren kann. Wenn du heute die Etappenfahrt durch Thüringen beenden möchtest, musst du noch rund zehn Kilometer durchhalten. Der nächste Bahnhof befindet sich in Kaulsdorf, von dort aus kommst du mit der Bahn schnell zurück nach Jena.

  • Etappe 6: Vom Hohenwarte-Stausee in die Kurstadt Bad Berka – Thüringen total (83,4 km | 03:54 | 850 m) Nach ein paar Kilometern lässigem Einrollen geht es heute gleich wieder gut zur Sache. Nach einem knackigen Anstieg bist du richtig warm und wirst dafür auch mit toller Aussicht auf den Stausee belohnt. Und mit einer schönen Abfahrt, die dich zurück ans Ufer der Saale bringt, direkt in die sehenswerte Kreisstadt Saalfeld, in der du ruhig eine kleine Pause einplanen kannst. Falls es dir noch zu früh für eine Verpflegungspause ist: Zehn Kilometer weiter kommt schon die nächste Möglichkeit, wenn du durch Blankenburg rollst. Danach jedoch wird es erstmal deutlich ruhiger und du fährst über eine wunderbar abgelegene Straße rüber ins Tal der Ilm. Next (Food-)Stopp: Stadtilm mit (wie ich hörte) ganz hervorragender Thüringer Rostbratwurst, aber auch fleischfreien Snacks. Der letzte Streckenabschnitt folgt dem Ilmradweg bis zur Kurstadt Bad Berka, wo du dir die passende Unterkunft suchen oder mit der Bahn zurück nach Jena fahren kannst.

  • Etappe 7: Von Bad Berka nach Jena – Thüringen total (88,7 km | 04:10 | 1 070 m) Los geht‘s heute in der Kurstadt Bad Berka über eine Bundesstraße nach Blankenhain. Ab da wird es ländlich. Du fährst durch ein idyllisches Tal, in dem du auf eine skurrile Besonderheit triffst. Plötzlich stehen, schweben, hängen und liegen am Straßenrand komische Figuren. Diese wollen dich in den Kunstgarten eines kreativen Ehepaares locken, das im kleinen Ort Plinz eine interessante Parallelwelt geschaffen hat. Ein kurzer Besuch lohnt sich. In Kahla überquerst du ein weiteres Mal die Saale – zum vorletzten Mal auf dieser Tour. In einer wunderbar ruhigen Schleife rollst du nun endgültig zurück nach Jena. Wenn du die markante Holzbrücke über die Saale in Kunitz nimmst, hast du es gleich geschafft. Noch ein paar Kilometer und du bist wieder in Jena. Hinter dir liegen rund 580 Kilometer und unendlich viele schöne, interessante und spannende Eindrücke einer Gegend, die sich nur mit dem Fahrrad so hautnah erleben lässt, wie du es getan hast.

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Foto und Collection von Martin Donat

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